Sonntag, 23. März 2014

Gestrandet in Jinja/Uganda

Der naechste Tag war lang. Sehr lang. Ich marschierte in Kericho also erstmal zu der Tankstelle, von wo die Matatus nach Kisumu abfahren sollten. Doch da war kein Matatu. Man sagte mir, ich solle warten, es werde schon einer kommen. Nach 40 Minuten kam dann auch tatsaechlich einer und fuhr mich ohne groessere Zwischenfaelle nach Kisumu. In Kisumu das gleiche Spiel wie in Naivasha. Man ist noch nicht mal ausgestiegen und wird schon in Beschlag der naechten Fahrergehilfen genommen. Ich wollte also nach Busia, den Grenzort und setzte mich in einen Matatu. Irgendwie wurde der nicht voller und die anderen beiden Passagiere, die mit mir im Auto sassen, entschlossen sich umzusteigen. Na, die werdens schon wissen, dachte ich mir. Alleine im Matatu zu sitzen ist immer ganz schlecht, die fahren schliesslich erst los, wenn sie mehr als voll sind. Also schloss ich mich den beiden an. Und dann hiess es warten. Jawohl, wir sassen tatsaechlich 2,5 (!) Stunden im Matatu. Und der war nicht etwa leer. Ganz im Gegenteil. Wir waren schon mehr Passagiere als Sitze vorhanden waren. Doch welcher Platz war frei? Richtig, der des Fahrers! Und sein Gehilfe war auch nicht aufzutreiben. Zunaechst sassen wir da alle ganz geduldig. Doch irgendwann wurde es den Afrikanern auch zu bunt und alle stiegen aus und machten einen Riesenaufstand woraufhin der Gehife ausrastete und alles so darstellte, als waere es unsere Schuld, dass wir nicht losfahren koennen, weil die Passagiere nicht sitzen. War natuerlich voelliger Bloedsinn, aber der Aufstand erfuellte seinen Zweck und wir fuhren endlich los! Ich gab meinem Couchsurfer in Jinja Bescheid, dass es noch ne Weile dauern wird...
Als wir dann abends endlich mal in Busia ankamen, war ich sofort von Boda-Boda (Motortaxi) Fahrern umringt, die natuerlich wussten, dass ein Muzungu nur nach Busia kommt, um ueber die Grenze nach Uganda zu reisen. Ich nahm mir dann einen, der mich zur kenianischen Visastelle brachte, um meinen Ausreisestempel zu bekommen. Da stellte sich heraus, dass der Bodabodafahrer mich ganz schoen ausnutzte. Ich hatte ihn gefragt, wie viel das kostet, und er meinte, 50 Shilling. Und dann waren es nochmal 50 Shilling zur ugandischen Visastelle (man muss sich in Afrika echt verteidigen, warum man alleine reist und warum man keine feste Adresse wie z.B. ein Hotel fuer die gesamte Zeit hat) und schliesslich zum Matatustand nochmal 100 Shilling. A****!
Der ugandische Matatu ist gluecklicherweise gleich losgefahren, obwohl ausser mir und seinem Gehilfen nur noch ein total nettes Schulmaedel mit im Wagen sass. War wohl der letzte des heutigen Tages. Glueck gehabt! Uganda sah gleich ganz anders aus. Hier waren endlich die Lehmhuetten, die man sich bei Afrika vorstellt! Und Palmen! Es wurde langsam dunkel (jaaa, ich weiss, nimm niemals oeffentliche Verkehrsmittel bei Dunkelheit...) und ich konnte den wunderschoenen Sonnenuntergang bewundern.
Irgendwann (mein Couchsurfer hatte mich schon ca. 5 Mal angerufen, wo ich denn bin) kam ich dann in Bugembe, 5 Kilometer vor Jinja, wo Meddy gemeint hatte, ich solle aussteigen und er wuerde auf mich warten, an. Doch da war niemand. Das heisst, das stimmt nicht, da waren unglaublich viele Menschen. Doch niemand, der auf mich zu warten schien. Verdammt. Meine kenianische SIM-Karte hatte nicht mehr genuegend Guthaben, als dass ich ihn haette anrufen koennen. Also erstmal auf die Suche nach nem Laden, der SIM-Karten verkauft. Ist in Afrika ja zum Glueck kein bisschen schwierig, 10 Meter weiter hatte ich so einen Stand gefunden. Bis ich dann endlich mal dran war verging noch einige Zeit und mein Handyakku piepste verdaechtig...Endlich bekam ich die SIM-Karte, die mussten sie fuer mich erstmal noch registrieren (zum Glueck nicht ganz so schwierig wie in Bolivien!) und dann konnte ich Meddy anrufen. 2 Minuten spaeter war er dann auch da und wir nahmen jeder ein Boda-Boda zu seinem Haus. Merke: Mit fettem Rucksack Motorrad zu fahren erfordert einiges Gleichgewichtsgeschick. Da ich das bekanntlich nicht habe und gefaehrlich nach hinten gezogen wurde, bot Meddy gluecklicherweise an, meinen Rucksack zu nehmen und ab da gings viel besser. (Ja, Papa, ich fahre ohne Helm Motorrad. Sorry. Ich komm lebendig wieder. Versprochen :D )

Die Geschichte, wie ich bei Meddy gelandet bin (und so lange blieb) ist nochmal eine andere Geschichte: Als ich in Kericho war, wurde ich so frustriert davon, zu campen und mit niemandem Kontakt zu haben. Eigentlich hatte ich ja nicht vor in Afrika couch zu surfen, aber ich schaute einfach mal, ob es in Jinja weibliche Couchsurfer gibt. Und da waren tatsaechlich ein paar! Ich schrieb denen eben. Darunter war ein Maedel, dass total nett klang, 22 Jahre alt, Krankenschwester, wohnt bei ihrer Mutter, die aber total flexibel ist und gerne fuer Gaeste kocht. Und nebenher volunteert sie noch in ner lokalen Organisation. Wie sich herausstellte (dank Meddys Anruf) konnte sie gerade niemanden aufnehmen. Sie war naemlich nach Kampala umgezogen und arbeitet da 24 Stunden, 7 Tage die Woche und wohnt in einem kleinen Zimmer im Schwesternwohnheim. Meddy ist ihr Cousin, auch ein Couchsurfer und sie hat ihm kurzerhand meine Kontaktdaten gegeben und er bot an, mich aufzunehmen. Wie sich herausstellte, ist er der Gruender der Organisation, mit der Rehema ab und zu volunteert. Er stellte mir das Projekt vor, gab mir einiges davon zu lesen.... Er wohnt mit seinem juengeren Bruder in dem Haus, das ein Volunteerhaus werden soll. Deshalb habe ich dort auch mein eigenes Zimmer und ein Bett mit Moskitonetz. Allerdings ist es noch ein wenig eine Baustelle, so ist die Dusche (da es kein fliessendes Wasser gibt) mal wieder der Wassereimer. Und die Klos sind draussen, halt Steh-Plumpsklos, wie eigentlich immer hier. Und ja, ich hasse Kakerlaken!
Zum essen sind wir dann gleich mal zu seiner Familie gegangen,die mich super herzlich willkommen geheissen haben und das essen war wirklich gut (es gab Kartoffeln mit Fleisch statt Ugali mit Sumawiki wie in Kenia andauernd!)
Es stellte sich dann heraus, dass wir mittags und abends immer mit der Familie essen. Und am naechsten Tag sind wir dann zur Quelle vom Nil gefahren. Naja, viel sieht man da nicht wirklich. Ist halt der Viktoriasee und dann geht da ein Fluss raus :D Dort haben wir gemeinsam mit Eddy, einem Kumpel von Meddy den Abend verbracht. Bis es mega anfing zu regnen! Holla die Waldfee. Hallo Regenzeit. Wir fuhren also zurueck nach Bugembe und sprinteten ins elterliche Haus. Problem: Das Haus besteht eigentlich nur aus mehreren Raeumen, der Innenhof, wo wir immer auf dem Boden sitzen, zum essen, ist nicht ueberdacht. Also sassen wir alle auf dem Bett im dunklen Zimmer einer der Schwestern und warteten darauf, dass der Regen nachliess, damit man kochen konnte. Denn gekocht wird natuerlich immer auf dem afrikanischen Ofen, welcher mit Kohlen beheizt wird und im Innenhof steht. Irgendwann hoerte der Regen dann auf und wir konnten essen und sind dann wieder zurueck zum Haus, wo ich gleich schlafen ging.

Ich habe mich dann entschlossen, noch laenger hier zu bleiben, um zu volunteeren. Schliesslich habe ich genuegend Zeit, die Regenzeit hat auch angefangen und ich bin ziemlich reisemuede - also davon, jeden Tag woanders zu sein und neue Leute kennen zu lernen. Versteht mich nicht falsch, ich liebe es neue Leute kennen zu lernen. Aber irgendwann moechte man auch mal mit den Leuten zusammen sein, deren Gemeinschaft man geniesst. Ich machte mit Meddy also einen Plan, was ich tun wuerde: Krankenhaus,;dann bei der Schule, die er baut mithelfen; ne Bibelstunde halten und Leuten aus dem Dorf backen beibringen.
Ich lernte noch Rehema (die Cousine) kennen, die extra wegen mir aus Kampala gekommen war, und super nett war. Sie schenkte mir sogar eine afrikanische Hose!

Am Montag zeigte mir Meddy das Kinderkrankenhaus und noch ein anderes Krankenhaus in Jinja. Die Zustaende sind wirklich furchterregend. Bei den Kindern teilen sich 2 bis 3 Kinder auf Grund von Platzmangel ein Bett - und die Muetter sind auch noch irgendwo daneben. Die Behandlung wird im Zimmer (ja, das sind ca 30 Betten!) durchgefuehrt - auf einer Liege und alle Kinder hoeren und sehen das kranke Kind wie es behandelt wird. Tschuess, Privatsphaere! Im Erwachsenenkrankenhaus gehts nicht viel anders zu. Wirklich getrennt sind die Raeume nicht, da ist ne halbhohe Mauer zwischen jeweils 4 Patienten, Tueren gibts nicht. Die Familienangehoerigen sitzen auf dem Boden vor dem Bett. Ueberhaupt sind Familienangehoerige wahnsinnig wichtig, wenn man hier im Krankenhaus ist: Die machen nicht nur dein Bett und deine Waesche, sondern sie kochen auch fuer dich, wechseln Verbaende usw.

Am Mittwoch gings dann los: Wir fuhren ins Dorf, wo die Schule gebaut wird! Und wer fuhr? Ja richtig, ich! Mysterioeser Weise besitzt die Famlie naemlich ein Auto, obwohl niemand fahren kann - okay, der juengste hat gerade seinen Fuehrerschein. Bei ihm mitzufahren kostet mich allerdings noch mehr Nerven, als selbst zu fahren! Der Linksverkehr macht mir gar nichts aus - bin jetzt schiesslich seit 3 Monaten in Laendern, in denen man auf der linken Seite faehrt. Aber die vielen Leute auf der Strasse, Tiere, die auch noch dazwischen springen sowie die absolut interessanten Ueberholmanoever machen das fahren durchaus... interessant!
Im Dorf assen wir dann erstmal zu Mittag - ich liebe Chapati! Sind salzige Pfannkuchen, mit Fleisch oder Bohnen. Und dann gings an die Arbeit. Wobei, erstmal regelten die noch ein paar Geldsachen und dann verschwanden sie, waehrend ich an der Schule wartete und der Anziehungsmagnet einiger Kinder wurde. Also hab ich mit ihnen gespielt, was sehr viel Spass war (allerdings wars auch unglaublich heiss!). Und dann gings endlich los: Ich faellte einen Baum! Also nicht riessig, aber hey! Mit so nem afrikanischem Werkzeug :D Und dann schlug ich noch die Aeste davon ab und wir bauten einen Stand fuer die Tassen der Kinder, wofuer wir erstmal noch 4 Loecher im Boden buddelten und die Baumstaemme reinsteckten, damit niemand den Stand klauen kann. Irgendwann wurde es dann zu spaet und wir sind wieder zurueck gefahren. Beim naechsten Mal machen wir weiter!

Dann war ich die naechsten beiden Tage im Krankenhaus - kam mir eher vor wie ne Arztpraxis. Da sassen unglaublich viele Leute draussen im Gang, die darauf warteten, den Doktor zu sehen. Dr. Alex erklaerte mir dann, dass sie die beiden Tage, die ich da war, jeweils einen speziellen Kliniktag hatten, fuer HIV Patienten, kam jeweils darauf an, welche Medikamente sie nehmen. Besonders schlimm fand ich's, wenn man die kleinen Kinder sah, die HIV positiv waren. Die koennen ja mal gar nichts dafuer... Erschreckend viele haben hier Aids. Wie mir der Arzt erklaerte: Wenn man nicht selbst infiziert ist, dann hat man jemanden in der Familie, der infiziert ist. So hat er die 4 Kinder seines juengeren Bruders zu Hause, da sein Bruder und dessen Frau beide an Aids gestorben sind!

Ich werd jetzt noch ne Woche hier in Jinja bleiben, an der christlichen Schule unterrichten, an der Schule im Dorf weiterbauen und am Freitag mit den Leuten im Dorf backen.

Und dann weiter reisen. Denn mir sind die Afrikaner ein wenig zu beschuetzend. Ueberall wo man hingeht, braucht man Begleitung. Und es heisst immer: Du kannst das nicht. Anstatt: Kannst du das? Und wenn man ihnen sagt, dass man das sehr wohl kann, glauben sie einem nicht. Und die denken tatsaechlich, dass Weisse fuer alles eine Maschine haben. Selbst fuers Zwiebel schneiden, buegeln und wischen. Und wir essen nur Sachen, die aus der Tuete kommen - also der hat mich tatsaechlich gefragt, ob wir Matoke-Powder haben :D Matoke sind gruene Bananen, die gekocht werden. Schmeckt dann wie Kartoffeln, aber ist natuerlich hier viel billiger als Kartoffeln. Ich hab ihnen erklaert, dass man das bei uns nicht isst, aber irgendwie glauben sie das nicht. Wir essen uebrigens nur Reis. Alle Weissen. Ja, Afrikaner sind ein wenig eingeschraenkt in ihrer Denkweise. Man hat auch nur die Erlaubnis 2 Kinder zu bekommen. Ueberall in Europa. Versuchen, ihnen zu erklaeren, dass das kein Gesetz ist und man so viele Kinder haben darf wie man will, stoesst auf Unglauben. Na klar, ich hab keine Ahnung :P

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen