Montag, 10. März 2014

Ab nach Afrika! Meine Zeit in Nairobi!

Der Flug

Erstmal erwartete mich ein schier niemals enden wollender Flug. Von Sydney nach Dubai waren es 15 Stunden durch die Nacht. Ich hatte das unglaubliche Glueck zwischen zwei Kiwis zu sitzen, die sich die Kante geben wollten und alle 15 Minuten Whiskey bestellt haben, bis es dem Stewardess (oder wie heisst ein maennlicher Flugbegleiter?) zu bloed wurde und er ihnen nur noch Cracker gebracht hat. Derweil hat er sich mit mir auf Deutsch unterhalten, was ein sehr witziger asiatisch-australiescher  Akzent war.
Angekommen in Dubai dachte ich mir, ich schnapp mir mein Gepaeck und marschier da raus, zum naechsten Terminal halt. Doch nix da. Ich lauf so durch die "Nothing to declare" Zone und dann pfeift mich eine vollkommen verhuellte Arabierin zurueck. Ob ich mir sicher bin, dass ich nichts zu verzollen hab? Aeh, eigentlich schon. Sie glaubt mir nicht und nimmt meinen ganzen Rucksack auseinander (vielen Dank, ich liebe es, ihn zu packen...) Endlich kommt sie darauf zu sprechen, warum sie das Theater nachts um 0:40 Uhr veranstaltet:Do you smoke? Also da weiss ich ganz sicher, dass ich es nicht tue! Are you sure? Ja, verdammt. Natuerlich meint sie nicht normale Zigaretten, sondern Hasch. Ach ja, es leben meine Dreadlocks und die netten Vorurteile... Endlich laesst sie mich ziehen. Natuerlich darf ich erstmal meine schoene Ordnung im Rucksack wieder herstellen....

Also zum naechsten Terminal. Auch wenn mir mal wieder eine Arabierin verklickern will, dass ich dahin nur mit nem Taxi komme: Ich hab schon rausgefunden, dass es einen kostenlosen Shuttlebus gibt! Ein netter Flughafenmitarbeiter, der sieht, dass ich absolut keinen Plan habe, wo ich hinmuss, bringt mich freundlicherweise zum Bus. Es gibt ja doch noch nette Menschen!
Am Terminal 1 begebe ich mich erstmal auf die Toilette und versuche mich soweit es geht, frisch zu machen. In Sydney war es heiss, in Dubai ist es trotz Nacht immer noch unglaublich warm und 15 Stunden Flug plus oeffentliche Verkehrsmittel sorgen nicht gerade fuer koerperliches Wohlbefinden.
Danach kann ich sogar schon einchecken. Ja, ich bin die einzige Weisse an diesem Terminal und dementsprechend werde ich auch angeschaut. Aber das ist ja erst der Anfang eines Mzungu...

Einige Stunden spaeter geht dann der Flug nach Kigali (und ernsthaft, man braucht ewig um sich an diesem riessigen Flughafen zurecht zu finden! Man muss sogar mit nem Zug zur Gepaeckrueckgabe fahren!)

Ankunft in Kigali, Ruanda: Alles gruen, 17 Grad und Regen! So habe ich mir Afrika nicht vorgestellt! Aber ich verbringe hier ja auch nur 2 Stunden, bis mein Anschlussflieger nach Nairobi geht. Auf dem Flug dorthin darf ich mir gleich mal das erste Heiratsangebot anhoeren. Eines von vielen...

Nairobi

Heiss, sehr heiss. Und staubig! Das ist schon eher das Afrika, dass ich mir vorgestellt habe!
Die Visatussi ist wohl die unfreundlichste Person, mit der ich seit langer Zeit gesprochen habe (mal abgesehen von der Tussi in Dubai) aber sie gibt mir das Visa. Hoff mer mal, dass ich die Verlaengerung auch bekomme!

Mein Rucksack kam gerade vorbei, als ich von der Visakontrolle komme. Vielen Dank! Ich geh also noch schnell zum Geld abheben und dann raus, soll ja schliesslich abgeholt werden. Aber nix da! Keiner der wartenden Taxifahrer haelt ein Schild mit meinem Namen. Waehrend ich also ein wenig wie bestellt und nicht abgeholt (im wahrsten Sinne des Wortes) da stehe, spricht mich ne Afrikanerin an, und bietet mir an, meine Organisatorin von ihrem Handy aus anzurufen. Nach ein bisschen hin und her telefoniere kommt Mika, der Fahrer, der im Nairobi Stau feststeckte. Und ja, der Weg vom Flughafen nach Kibera ist lang...

Angekommen am FaFa Haus, in dem ich die naechsten 2 Wochen wohnen werde, werde ich von einer ganzen Gruppe Leute begruesst. Mir wurde alles gezeigt, jeder vorgestellt und wir beteten gemeinsam. Dann packte mich Angelica (Missionarin) kurzerhand in ihr Auto und wir fuhren zu ihr nach Hause, wo sie noch einen Haufen anderer Leute zu Gast hatte und es koestliches lybanesisches Essen gab. Ich musste mich sehr zusammenreissen, wach zu bleiben. Schliesslich war ich seit 38 Stunden unterwegs und meine innere Uhr sagte mir, dass es 4 Uhr nachts ist.
Schlussendlich uebernachtete ich bei Angelica und ihrer Familie, da es um die Uhrzeit nicht mehr sicher war, nach Kibera zu fahren.

Am naechsten Morgen gar mir Angelica dann einen "Stundenplan": So sieht deine Woche aus, mit einigen Telefonnummern von Leuten, an die ich mich wenden kann. Denn sie fuhr am naechsten Tag in den Urlaub. Na dann, uebernehm ich halt mal ihren Job!

Doch zunaechst gings erst mal zur AIM Missions Stelle, wo sie einiges erledigen musste, waehrend ich gewartet habe. Also wir am fruehen Nachmittag endlich am Ministryhaus ankommen (mein Zuhause fuer die naechsten 2 Wochen) kommt gerade Mama Teresa (sie nennen hier die Frauen meistens Mama + Name des erstgeborenen Kindes). Teresa hat die Chance bekommen, zur Schule zu gehen, da ein brasilianischer Pastor ihr Schulgeld zahlen wird. Sie ist bereits seit 2 Wochen auf der Secondary School, doch das Geld muss noch bezahlt werden. Das kann nur von der Bank aus gemacht werden, bei der die Schule ein Konto hat. Und den einzigen Zweig, den Mama Teresa weiss, ist komplett am anderen Ende der Stadt. Ohne Mittagessen werde ich also gemeinsam mit ihr losgeschickt, denn Angelica hat ab jetzt frei und ich arbeite.Wir machen uns also auf den langen Weg, mit den Matatus (Minibusse) und muessen im Zentrum umsteigen. Dann gehen wir erstmal zur Schule, um zu sehen, ob Angelica den Betrag richtig ausgerechnet hat, und dann zur Bank, um das Geld zu bezahlen. Und wieder zur Schule, um den Beleg abzugeben, damit Teresa nicht einfach nach Hause geschickt wird. Es handelt sich bei der Schule uebrigens um ein Internat (die meisten Kinder in Kenia sind im Internat, was eine Entlastung fuer die Familien ist, da die Kinder dort Essen bekommen und nicht mehr so viele Leute in einem Raum leben muessen). Dann haben wir noch ewig in der Schule gewartet - warum weiss ich bis heute nicht. Auf jeden Fall hab ich Teresa getroffen und mit ihr geredet und so einiges ueber die Schule erfahren - ja, Lehrer in Kenia schlagen die Kinder noch. Und die muessen in dem Internat um 4 Uhr morgens aufstehen, haben bis 6 Uhr Unterricht, dann duerfen sie sich waschen und fruehstuecken, dann geht der Unterricht weiter bis zur Mittagspause, danach wieder Unterricht, Abendessen, Unterricht bis 10 Uhr, Bettruhe. Und Samstag und Sonntag ist auch Schule. Ach du meine Guete, und ich hab die Schule in Deutschland schon gehasst. Wir wissen ja gar nicht, wie gut's uns geht. Und das krasse: Die moegen die Schule trotzdem. Wahrscheinlich, weil sie realisiert haben, dass sie ohne die Schule keine Chance haben, aus dem Slum rauszukommen...
Wir wollten dann auf dem Heimweg eigentlich noch ne 2. Schuluniform kaufen, da die Kinder die ganze Woche in Uniform sein muessen, und bei ziviler Kleidung geschlagen werden. Ist aber ziemlich schwierig, mal ne Uniform zu waschen, wenn man nur eine hat... Die Laeden waren jedoch schon zu und so sind wir zurueck nach Kibera gefahren, wo ich abends um 7 Uhr nach 12 Stunden mal wieder was essen konnte :D

Fuer den naechsten Tag war ich um 10 Uhr mit Mama Teresa verabredet, um die Schuluniform heute kaufen zu gehen. Natuerlich war sie erst um 11:30 Uhr da, ist ja afrikanische Zeit :D
Davor kam mich Geofrey besuchen, einer der Slumjungs, der so alt ist wie ich, und hat mir seine Geschichte erzaehlt: Seine Eltern sind beide gestorben, ne zeitlang ist er bei seiner Stiefmutter aufgewachsen, die ihn jedoch nicht gut behandelt hat und dann bei seinem Onkel, der 11 Kinder hat und auch im Slum wohnt. Dort durfte er nicht im Zimmer schlafen, wegen seiner aelteren Cousinen, und hat so meist irgendwo auf dem Boden oder in nem Stuhl geschlafen, bis jemand (aus Deutschland, vom FaFa Verein) sein Schulgeld bezahlt hat. Und Schule ist hier ja eben meist ein Internat, also hatte er ne Ausbildung und Essen und nen Schlafplatz. Jetzt hat er seine eigene "Wohnung" im Slum, die er sich mit Tobi teilt und wartet gerade auf seine Ergebnisse, da er im November seine Abschlusspruefungen hatte.
Nachdem ich dann also mit Mama Teresa wieder zurueck kam bin ich mit Geofrey in den Slum gegangen. Ja, mich faszinieren Slums immer noch! Die Einfachheit, mit der die Leute es schaffen, ihr Leben zu meistern. Die Freundlichkeit, der man dort begegnet. Das meiste, was ich hier wohl hoere ist "Muzungu" (Weisse) und "How are you?" von den Kindern - wohl das einzige, was sie auf Englisch koennen, und sie fangen an, dass zu singen, sobald sie einen entdecken, bis sie dich nicht mehr sehen :D Und wenn man einem Kind ein High-5 gibt ist man gleich von allen seinen Freunden umringt. Und das sind viele! ;)
Naja, von Geofrey bekam ich dann auch mal gleich ein Heiratsangebot - Nadine hatte mich ja vorgewarnt, dass die Slumjungs alles versuchen, um aus dem Slum rauszukommen. Ich hab dankend abgelehnt :D Daraufhin musste ich mich erstmal verteidigen, warum ich denn keinen Afrikaner heiraten moechte. Naja, vielleicht heirate ich jetzt nicht unbedingt jemand nachdem ich ihn 3 Stunden kenne?! Seine Begruendung, warum er ne weisse Frau heiraten will, war uebrigens, dass weisse Frauen nicht betruegen wuerden und dunkelhaeutige schon. Aber fuer afrikanische Maenner ist es durchaus ueblich, mehrere Frauen zu haben, wenn sie sich's leisten koennen. Na dann passts ja...

Die naechsten Tage vergingen dann, mit Bibelstudy und vielen Besuchen. Ich war einen Tag mit bei Karen, die seit ein paar Wochen krank ist und da hab ich ihrer Tochter beim Bananen schaelen geholfen. Die Bananen werden hier gekocht, und dann schmeckts eigentlich wie Kartoffeln. Veronah hat eine total suesse 2 jaehrige Tochter. Daraufhin haben sie mich jeden Tag zum essen eingeladen, und ich wurde jeden Tag mehrmals angerufen, ob es mir auch gut geht und wo ich denn bleibe. Meine afrikanische Familie :) Hab so einiges neues gegessen, z.B. Ugali (Maismehl mit Wasser angeruehrt). Das gibts hier staendig, wird mit den Fingern gegessen (wie eigentlich alles), und kein Afrikaner kann glauben, dass ich das hier zum ersten Mal gegessen habe :D

Ich durfte mir auch noch 2 Schulen (eigentlich 3, aber dazu spaeter mehr) im Slum anschauen und Zeit mit den Kindern verbringen. An dem einen Tag war ich in Pamelas Schule, die tiefer im Slum liegt. Sie leitet die Grundschule zusammen mit ihrer Tochter Judith. Die beiden kommen selbst aus dem Slum und wollen den Kindern die Chance auf eine schulische Ausbildung geben, damit sie die Moeglichkeit haben, dem Slum zu entkommen. Denn es ist natuerlich ein Teufelskreis, wenn die Eltern kein Schulgeld zahlen koennen, hat man keine Ausbildung, kriegt man keinen Job, steckt im Slum fest. Und die naechste Generation auch... Wie sie das machen, wo sie doch selbst kein Geld haben? Judith geht morgens vor der Schule arbeiten, dann unterrichtet sie, dann geht sie am Nachmittag bis abends um 10 Uhr wieder arbeiten (putzen, Waesche machen, kochen... von Leuten, die sich ne Haushaltshilfe leisten koennen, in der Stadt). Mit dem Geld kaufen sie essen (meist Bohnen und Reis), da viele Kinder von ihren Eltern nicht versorgt werden koennen. Und Judith leitet Touren durch den Slum und zeigt die Schule, wodurch sie ein paar Unterstuetzer aus Europa und Amerika bekommen hat. Die Schule ist -  im Vergleich zu der, an der ich am naechsten Tag war - ein relativ gutes Gebaeude (aus Lehm). So haben die Kinder getrennte Klassenraeume (wenn auch winzig), Baenke und Tische (also eigentlich ja nur Bretter, aber den Zweck erfuellt's!). Sie hoffen, einen 2. Stock anbauen zu koennen, da die Kinder der 6. Klasse (9 bis 12 Jahre) naechstes Jahr eben in die 7. Klasse kommen und kleinere Kinder nachkommen werden. Dadurch brauchen sie mehr Platz...
Die Pause mit den Kindern zu verbringen war sehr viel Spass - die ganze Klasse spielte zusammen, und mit ca. 30 Kindern Bewegungsspiele zwischen vielleicht 3 Meter Platz zwischen den Mauern zu spielen, ist herausfordernd, aber nicht unmoeglich :)
Die Kinder waren total lieb und wir hatten viel Spass zusammen. Aber an Erdkunde mangelts ein bisschen: Nachdem ich eine "wunderschoene" Weltkarte gezeichnet hatte, mit Afrika und Europa und dann Kenia und Deutschland darin fragte doch tatsaechlich ein Kind "Is Germany outside of Kenya?" Die Welt heisst nicht Kenia :D

Am naechsten Tag war ich dann eben in der bzw. den anderen Schulen. Die war zwar ganz am Anfang des Slums, aber viel aermer: Ca so gross wie ein Stadel befanden sich darin 2 Schulen - in der Mitte durch eine Mauer getrennt. Das Dach hatte einige fehlende Holzbretter, wodurch Licht hereingelassen wurde, ansonsten wars da drin ziemlich dunkel. Die Kinder hatten keine getrennten Klassenzimmer - 5 Klassen in einem (halben) Gebaeude zu unterrichten, ist ganz schoen herausfordern, wie ich am eigenen Leib erfuhr. Waehrend die eine Klasse gerade lautstark der Lehrerin die Monate nachplappern muss, schreit die andere Klasse die Zahlen. Kein Wunder, dass die Kinder davon abgelenkt sind, was die andere Klasse gerade so macht. Ganz zu schweigen davon, dass ein Lehrer zu wenig da war, weswegen man die Babyclass einfach mal an ihre Tische setzte. Jawohl, richtig gelesen, die 2-4 jaehrigen werden einfach alle nebeneinander an ihre Tische gesetzt. Ohne was zu malen oder so. Die muessen da ganz ruhig sitzen. Kein Wunder, dass sie anfangen, sich zu hauen und sonstigen Bloedsinn zu machen.
Was eine weitere Herausforderung fuer mich war, war die Sprache. Die Kinder gestern konnten einigermassen Englisch und hatten viel Freude daran, mir Fragen zu stellen, kenianische Lieder und Spiele bei zu bringen usw.. Aber die Kinder hier haben gar nicht mit mir geredet, nichtmal wenn ich sie direkt was gefragt habe. Ich bezweifle, dass sie mich verstanden haben...
Ach ja, in beiden Schulen muessen die kleinen Kinder (Babyclass) nach dem Mittagessen einen Mittagsschlaf machen. Ist ja eigentlich ne gute Idee. Nur auf Grund mangelnder Matrazen muessen die Kleinen auf ihrem Plastikstuehlchen sitzen und ihre Koepfe nebeneinander auf die Tische legen - nur sind die Arme meist noch zu kurz. Bequem sah das nicht aus...

Ich wurde waehrend der Zeit, die ich hier war, in viele verschiedene Haeuser zum Essen eingeladen und hab nun sehr viele afrikanische Familien ("I'm your Mum in Kenya"). Die Herzlichkeit, mit der man hier aufgenommen wird ist echt super!
Die Stadt selbst gefaellt mir dafuer eher weniger - was an den Leuten dort liegt. Als Muzungu wird man echt minderwertig behandelt (man wird betatscht - und wenn man sich wehrt heisst es: Du bist ein Muzungu, deshalb nicht so viel wert und deshalb darf ich dich anfassen). Das hat mich wahnsinnig gemacht und ich hasse es durch die Menschenmenge am Matatustand zu marschieren. Ich hoffe, dass es nicht ueberall in Kenia so ist. Sonst krieg ich naemlich die Krise!

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